Taizelichter

Bild: M. Logemann

Angedacht

21. Juni 2025

Zielen, Feiern, Küssen

Die Schützenfeste sind wieder da! Endlich wieder Zielscheiben und Zapfenstreiche, Matjesessen und Majestäten, Ausmärsche und Autoscooter. Die USA haben sich gestern am 4. Juli selbst gefeiert – auch die Nationalfeiertage von Tschechien, Malawi, Argentinien fallen in diese Tage. Und dann ist morgen auch noch Welttag des Kusses. Ja, das gibt es. Und nein, es ist kein Feiertag nur für die Verknallten.

Die Anlässe dieser Feiern scheinen nicht gerade lebensnotwendig zu sein. Und gehören sie etwa alle zusammen? Mehr als man denkt. Es geht um Zugehörigkeit – zur Nation, zur Gemeinschaft, zu Anderen. Es werden Zeichen und Gesten bemüht, die zeigen sollen: Wir sind nicht allein. Und manchmal – ja, manchmal sind sie auch laut, übertrieben, schräg. Aber immer menschlich.

Ein Vorurteil gegenüber den Kirchen ist, dass sie Schützenfeste und andere profanen Feieranlässe kritisch sehen. Zu laut, zu weltlich, zu unernst. Dabei war der Gründer der Kirche selbst Gast auf Festen. Das erste Wunder von Jesus war kein Blitz vom Himmel – sondern Freibier für alle, beziehungsweise Wein für alle bei einer Hochzeitsfeier, den er vor Ort aus Wasser hergestellt hat. Kurz: Jesus hat Ordnung gehalten. Wenn Buße, dann Buße, wenn Party, dann Party. Beides ist Ausdruck eines segensvollen Lebens.

Ich weiß jetzt schon, dass der Gottesdienst in der St. Laurentius-Kirche am Liebenauer Schützenfestsonntag wieder weitgehend unbeachtet bleibt. Leider. Die frohe Botschaft des Schützenfestes erzählt aber auch von Gemeinschaft, die zusammenhält. Nationalfeiertage erinnern an Freiheit und Würde, die errungen und verteidigt werden. Und der Kuss ist vielleicht die natürlichste Form, jemandem Nähe und Wertschätzung zu zeigen.

Gerade jetzt, zum Ferienbeginn, ist das eine gute Erinnerung: Die Welt besteht nicht allein aus Krisen und Katastrophen, sie ist voll von Begegnungen, Feiern und Glück. Mit allen anderen zusammen feiern Christenmenschen das Leben, nicht naiv, nicht oberflächlich, sondern aus dem Vertrauen, dass der Gott, dem sie vertrauen, ein Freund des Lebens ist. Das ist zwar gefährlich und gefährdet, und doch liebt es das Lachen, die Gemeinschaft, den Frieden und echte Küsse sowieso. Also: Feiern wir einen frohen Sommerstart, mit Feuerwerk, Fahnenschwenken oder Flirten. Gott, der in trüben Zeiten bei uns ist, wird bei den Festen nicht von unserer Seite weichen. Gott sei Dank.

Pastor Bernd Niss

Pastor Niss
Pastor Bernd Niss
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