Dem Himmel so nah
Den ganzen Tag hindurch ist der Himmel über Nienburg grau gewesen. Geregnet hat es auch – so richtiges Herbstwetter. Doch gegen Nachmittag reißen plötzlich die Wolken auf, und etwas später taucht die Sonne den alten Schäferhof mit seinen Wiesen und Feldern in ein wunderschönes Abendlicht. Auch die Tischlerei Siebert, die sich seit den 60-er Jahren in dem ehemaligen Kuhstall auf dem Schäferhof befindet, wird von diesem „Himmelsgruß“ erhellt. Zur Freude aller, die an diesem Abend des 19.Septembers den 5.Nienburger Handwerkergottesdienst des Kirchenkreises Nienburg feierten. „Kirche und Handwerk - dem Himmel so nah“ lautete das Thema, unter dem Superintendent Martin Lechler, Kreishandwerksmeister Thomas Gehre und Pastor für Kirche und Handwerk Claus Dreier die Anwesenden begrüßten. Und natürlich weckte dieses Thema nicht nur beim Superintendenten sogleich Assoziationen von Handwerkern, die hoch oben auf Kirchdächern balansieren. Dem Himmel so nah. „Ja, es waren und sind die Handwerker, die die Kirchen bauen.“, betont Pastor Claus Dreier, und bezeichnet diese (nicht nur in Bezug auf den Kirchbau) als „Mitarbeiter Gottes in der Schöpfung“.
Diesen Gedanken griff auch Altbischof Prof. Axel Noack in seiner Predigt auf. „Was machen wir, was macht Gott?“, fragte er, und fügte hinzu: „Oft denken wir einfach: Wir packen das!, vergessen dabei aber zu fragen: Wie geht es uns eigentlich?“ Noack schlägt vor, dass wir öfter mal eine Inventur machen sollten. Schauen: Was habe ich empfangen, wofür ich Gott dankbar sein kann? Und vielleicht nicht immer alles so selbstverständlich nehmen. Am Ende liefe alles auf die Verbindung hinaus: mein Teil, mein Tun und das Tun Gottes.
Verbindungen. Die gibt es nicht nur zwischen dem Himmel und der Erde, zwischen Gottes Tun und unserem Tun, sondern auch zwischen Kirche und Handwerk. Und sie sind gewollt. Die gemeinsamen Feiern und das gegenseitige Hinterfragen, beides gehört dazu. „Jesu, meine Freude, meines Herzens Weide, Jesu, wahrer Gott. Wer will dich schon hören? Deine Worte stören den gewohnten Trott.“ – so heißt es in einem Lied von Gerhard Schöne, das unter dem Gottesdienst gesungen wurde. Doch hier will man hören, will man die Anregungen und Ideen des anderen erstnehmen. Und dann gibt es einfach auch viele Themen, bei denen Kirche und Handwerk an einem Strang ziehen. So nannten sowohl Thomas Gehre als auch Pastor Dreier den Umgang mit Flüchtlingen als ein solches Beispiel – denn Kirche und Handwerk wollen beide diese Menschen, die jetzt zu uns nach Deutschland kommen, willkommen heißen und integrieren.
Und die Zukunft? „Das Handwerk ist stark und gut aufgestellt“, erzählt Pastor Dreier. „Doch der Fachkräftemangel macht sich auch hier bemerkbar.“ Darum wollen die Handwerksbetriebe und -organisationen an diesem Tag des Handwerks Neugierde wecken. Damit junge Menschen die Vielfalt und Möglichkeiten entdecken, die ihnen ein Handwerksberuf bieten kann.
Bischof Noack erzählt beim Empfang nach dem Gottesdienst, dass man zu seiner Zeit in der DDR eine Lehre machen musste, wenn man die Abiturprüfung anstrebte. So ist er Schlosser geworden. Er ist es zwar nicht geblieben, und ganz unproblematisch war diese Regelung sicher auch nicht – aber dadurch hatten alle die Möglichkeit, ein Handwerk wirklich von Grund auf kennen zu lernen. Heut zu Tage scheine nur noch der akademische Weg zu zählen, meit Noack, und das sei falsch. Jeder und jede müsse schauen, wo seine und ihre Begabung liege. Das Handwerk biete dafür sehr viele attraktive Möglichkeiten.