VON TONKA ANGHELOFF
Nienburg. Ein besonderes Adventskonzert war versprochen, ein besonderes ist es geworden: Unter ihrer künftigen Kirchenmusikdirektorin Tina Röber-Burzeya lösten die Nienburger Kantorei und das Nienburger Kammerorchester dieses Versprechen ein. Zusammen mit den Gesangssolisten und einigen Gastchoristen aus Burgdorf, dem bisherigen Wirkungskreis der Kirchenmusikerin, begeisterten sie ihr Publikum mit hoher Konzentration und musikalischer Leidenschaft in der vollbesetzten St.-Martins-Kirche.
Werke des Barock und der Romantik hatte Tina Röber-Burzeya aufs Programm gesetzt. Eine Wahl, die sich als ideale Mischung bewies in ihrer kompositorisch klangreichen Vielfalt.
Prächtig eröffnete Antonio Vivaldis Gloria den Abend mit musikalischem Glanz von Chor und Orchester. Präsent und spielfreudig, wie dieser Auftakt gestaltet war, wurde er zum Leitmotiv, zur Basis dieses Abends. Den hohen Anforderungen dieser zwölfsätzigen Reise durch Dur und Moll entsprachen Chor, Orchester und Gesangssolisten, farblich und einsatzfreudig bereichert von Trompete und Oboe, mit intensiv unterschiedlicher Gestaltung, feinfühlend ebenso wie in der dramatischen Dichte dieses Werks. Vivaldis Kompositionskunst in seinem Gloria, eines der bedeutendsten geistlichen Werke des 18. Jahrhunderts, wurde Raum und Atem gegeben.
Auch das Oratorio de Noel von Camille Saint-Saens hatte Nienburgs neue Kirchenmusikdirektorin in diesem Sinn geprägt und damit keinen Zweifel gelassen, wie sie ihr künftiges Dirigat in der Weserstadt sieht. Eine Musikerin mit Leidenschaft ist da am Werk, die mit kraftvoller Motivation, mit Sensibilität und Empathie das Potential „ihrer“ Ensembles fördert und fordert.
Mit Klang und nochmals Klang malt Saint-Saens in den für ihn typischen Farben sein Oratorium, mit dem er die weihnachtliche Botschaft in überwiegend ruhigen Tempi verkündet. Vielstimmiger Lobgesang und sanfte Lyrik wurden stimmig und gestaltend umgesetzt von einer hochmotivierten Kantorei, dem flexibel und sanglich mitgehenden Kammerorchester und den Solisten: Ausdrucksstark und formend Sonja Stephan, Sopran, eindrucksvoll Victoria Pöhl, Mezzosopran, berührend mit klangvollem Timbre Altistin Claudia Erdmann, volltönend und vital Tenor Michel Gattwinkel, sowie Sven Erdmann mit zuverlässig grundierendem Bass. Reizvoll fügten sich da die feinen Klangteppiche der Harfe (Katharina Scholz) ins Bild.
Tillmann Benfer, früher Kirchenmusikdirektor am Verdener Dom, hatte nicht allein die Orgelparts vielstimmig stützend und mitformend bei Vivaldi und Saint-Saens übernommen. Mit Alexandre Guilmants Offertoire en sol major, opus 60, schuf er an der Jann-Orgel den solistischen Mittelteil; ein Werk mit sinfonischen Anklängen, dessen Wirkung einer gottesdienstlichen Orgelimprovisation Tillmann Benfer souverän in den Kirchenraum legte.
Er war es auch, der über viele Monate in die Bresche gesprungen war, um für das Nienburger Kammerorchester die Lücke zu füllen, die mit dem Weggang von Kirchenkreiskantor Christian Scheel entstanden war. Benfers großes Engagement und inspirierende Orchesterarbeit hob denn auch Superintendentin Dr. Christiane de Vos hervor. Ihr Dank und Blumen für den Kirchenmusiker aus Verden waren ebenso obligat wie für Tina Röber-Burzeya. Obwohl deren berufliches Engagement in Nienburg erst mit Beginn des neuen Jahres festgeschrieben ist, hat die engagierte Kirchenmusikerin in denkbar kürzester Zeit die ebenfalls verwaiste Nienburger Kantorei zu einem motivierten und aussagestarken Klangkörper geformt, der den hohen Ansprüchen dieses Programms mit Hingabe gerecht wurde.
Nach nur wenigen Sekunden hielt es das begeisterte Publikum nicht mehr in den Kirchenbänken. Standingovations und Jubel wurden zum festlich emotionalen Publikumsausklang dieses festlich und emotional geprägten Adventskonzerts.