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Bild: emsz / Jens Schulze

Neujahrsgottesdienst und -empfang des Kirchenkreises

Nachricht 31. Dezember 2015
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Bild: M. Logemann

Reformation und die Eine Welt

„So wollen wir auch dieses neue Jahr unter den Schutz und das Geleit Gottes stellen.“ Mit diesen Worten begrüßte Superintendent Martin Lechler die Anwesenden am Freitagnachmittag in der
St. Martinskirche Nienburg zum alljährlichen Neujahrsgottesdienst und -empfang des Kirchenkreises. Inhaltlich wurde der Start in das Neue Jahr durch das kommende Reformationsjubiläum und das damit verbundene Jahresmotto der EKD (Evangelischen Kirche in Deutschland) geprägt: „Reformation und die Eine Welt“. Da scheint es nur richtig, dass die Predigt von jemandem gehalten wurde, der selber lange Zeit in verschiedenen Teilen dieser „Einen Welt“ gelebt und gearbeitet hat. Helmut Grimmsmann ist Leiter der Abteilung „Weltweite Kirche“ im Evangelisch-lutherischen Missionswerk in Niedersachsen (Hermannsburg). An diesem Neujahrsnachmittag war er nach Nienburg gekommen, um aus seiner Perspektive über das Thema Reformation zu predigen: „Eine der wichtigsten Wiederentdeckungen Luthers war die Erkenntnis, dass wir als Menschen so wie wir sind von Gott angenommen und gewollt sind. Heutzutage ist es nicht die Kirche, sondern die Welt, welche den Menschen sagt: „Dich sollte es gar nicht geben. Du bist nichts wert.“ Da müssen wir als lutherische Kirche reingrätschen und dagegenhalten: Doch, Menschsein reicht. Denn wenn ich glaube, dass Gott mich so will wie ich bin, dann gilt das auch für meinen Nachbarn, ja für alle Menschen.“
Doch das sei nicht der einzige wichtige Aspekt der Reformation gewesen, so Helmut Grimmsmann. Auch die Tatsache, dass Luther die Macht der Kirche und vor allem ihren Anspruch auf die alleinige Wahrheit nachhaltig in Frage stellte, hat weitreichende Folgen gehabt. Selbst die Bibel habe Luther nicht unreflektiert als Autorität gelten lassen. Im Endeffekt sei ein ganz wichtiger Teil der Reformation ihr Einsatz für Bildung und für einen gebildeten Umgang mit der Heiligen Schrift gewesen. „Bildung heißt nicht einfach, dass man viel weiß.“, so Grimmsmann. „Bildung heißt: Hinterfragen, nicht nur der Fakten, sondern auch das Hinterfragen von Autoritäten und von mir selbst. Erst dadurch entsteht Dialogfähigkeit.“ Und auf die käme es an. Gerade in der heutigen Zeit, gerade in der Situation, die Deutschland in den letzten Monaten in Bezug auf die Integration hunderttausender Flüchtlinge erlebt habe, und die dieses Land auch in dem kommenden Jahr prägen wird. Diese Dialogfähigkeit brauche Bildung und die Fähigkeit, sich selbst und die eigenen Autoritäten hinterfragen zu können, meint Grimmsmann abschließend.
Doch nicht nur die Predigt brachte neue Impulse, auch die musikalische Improvisation der Gruppe „Kein Fernsehen“ (Hans-Joachim Hübner, Jochen Ruopp und Dorothea Wegelein) in Zusammenspiel mit Kantor Christian Scheel. Ungewohnte Klänge, die als Wechselspiel zwischen Orgel, Waldhorn, Schlagzeug, Klavier und Gesang mal laut mal leise, mal beruhigend mal aufrührend durch die Kirche hallten, forderten die Anwesenden dazu heraus, sich auf etwas ganz Neues einzulassen.
Nach dem Gottesdienst waren alle zum Sektempfang eingeladen, bei dem es noch zahlreiche Möglichkeiten zum Gespräch gab. Und immer wieder hieß es: „Ich wünsche Ihnen ein frohes und gesegnetes Neues Jahr.“